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Der Body Condition Score


Wie ist der Ernährungszustand meines Pferdes?

Die Wohlstandgesellschaft hat wie bei uns Menschen auch bei unseren Pferden Einzug gehalten. Studien zufolge sind mehr als 50 Prozent der Pferde übergewichtig und knapp 20 Prozent leiden sogar unter regelrechter Fettleibigkeit.

Beim eigenen Pferd ist man ja leider oft betriebsblind und daher ist die Beurteilung des Ernährungszustandes eines Pferdes  meist eine höchst subjektive und oft „geschönte“ Angelegenheit. 

So wie man selbst nicht hören und wahrhaben möchte, dass man das ein oder andere Pfund zuviel auf den Rippen hat, möchte man ungern auch über das zu hohe Gewicht des geliebten Vierbeiners sprechen.

Obwohl die meisten Pferdebesitzer ihre Pferde lieben sind leider sehr viele Faktoren unserer heutigen Pferdehaltung dafür verantwortlich, dass Pferde nicht in der besten körperlichen Verfassung sind:

  • Keine artgerechten Haltungsbedingungen 
  • ständiges Überangebot an Stärke- und zuckerreichem Futter
  • Inflationäre Belohnung mit Leckeries
  • falsche Einschätzung des Ernährungszustandes durch den Pferdebesitzer
  • unausgewogenes Bewegungsangebot 
  • Lange Weidezeiten auf nicht artgerechten Weiden (Gräser sind oft auf Rinderhaltung selektiert)

Vielen Pferdebesitzern fällt leider oft erst sehr spät auf, dass das Pferd mittlerweile nicht mehr den besten Ernährungszustand hat – egal ob zu dünn oder zu dick.
Aber woran kann man als Pferdebesitzer eigentlich erkennen, ob ein Pferd zu dünn, zu dick oder genau in einer optimalen körperlichen Konstitution ist?
Natürlich gibt es Möglichkeiten das Gewicht eines Pferdes mittels eines Massbandes zu berechnen oder am besten sogar sehr genau mit einer Pferdewaage zu ermitteln.
Aber der Blick auf die Waage verrät halt lediglich das momentane tatsächliche Gewicht, kann uns aber nicht sagen wie hoch die Menge an Körperfett ist.

Ob ein Pferd mit 500 kg nun zu schwer, zu leicht oder optimal konstituiert ist hängt darüber hinaus auch von der Rasse, Größe, Alter und weiteren Faktoren ab.
Ein recht zuverlässiges Mittel zur Bestimmung des Verhältnisses von Fett- zu fettfreier Masse zu bestimmen, ist der sogenannte Body Condition Score (BCS). 

Zur Ermittlung des BCS eines Pferdes werden einzelne Körperregionen durch äußerliche Betrachtung und Abtasten auf ihre oberflächlichen Fettdepots hin abgeschätzt.

Was ist der Bodycondition Score?

Eine optimale Körperkondition trägt dazu bei, dass das Pferd die ihm abverlangte Arbeit leisten kann, und kann das Risiko von Koliken, Hufrehe und anderen fütterungsbedingten Krankheiten verringern.

Die Körperkondition oder der Grad der Fettabdeckung von Pferden ist ein guter Indikator für den allgemeinen Gesundheitszustand. 

Bereits in den 1980er Jahren wurde von Henneke in den USA an Quarter Horse Stuten Systeme zur Bewertung der Körperkondition von Pferden entwickelt. Das System umfasst eine Skala von 1 bis 9. Ein zweites System wurde seinerzeit in Australien entwickelt und umfasst eine Skala von 0 bis 5.

2003 entwickelte dann ein deutsches Team der Tierärztlichen Fakultät der Universität München auf Basis des amerikanischen Systems ein auf die europäischen Warmblüter besser ausgerichtetes BCS-System.

Das von BodyCondition Score System weist der Fettablagerung an verschiedenen Stellen des Pferdekörpers einen numerischen Wert zu.

Das Resultat des Body Condition Score (BCS) ist also eine Zahl von 1 bis 9, die den Fett- und Muskelanteil eines Pferdes beschreibt, wobei 1 für extreme Auszehrung (zu dünn) und 9 für extreme Fettleibigkeit (zu dick)steht. 

Gesunde Pferde haben in der Regel einen Wert zwischen 4 und 6, je nach dem Grad ihrer Fitness. Werte von weniger als 4 oder höher als 6 auf dieser Skala weisen jedoch auf die Wahrscheinlichkeit von Stoffwechsel- und andere Gesundheitsprobleme hin.  Bei trächtigen Stuten sollten allerdings die Werte zwischen 6 bis 8 erhalten.

Für welche Pferde ist das BCS-System anwendbar?

Schwerpunktbereiche für die Bewertung des Körperzustands

Generell wurde das hier beschriebene System für Warmblüter entwickelt. Allerdings gibt es Einschränkungen bei Warmblutpferden mit rassetypischen Körperausformungen.

Schwerpunktbereiche für die Bewertung des Körperzustands: Verdickung des Halses, Fett am Widerrist, Fettablagerungen entlang der Wirbelsäule, Fettablagerungen an den Flanken, Fettablagerungen an den Innenschenkeln, Fettablagerungen um den Schwanzansatz, Fettablagerungen hinter den Schultern, Fett über den Rippen, Übergänge zwischen Schulter und Hals.

Wie ist der Ernährungszustand meines Pferdes?

1. Ausgehungert

Das Pferd ist extrem abgemagert. Konkave Halsoberlinie. Die Dornvortsätze der Wirbelsäule, Rippen, Schweifansatz, Hüft- und Sitzbeinhöcker treten deutlich hervor. 6. – 18. Rippe komplett sichtbar. Die Knochenstrukturen von Widerrist, Schulterblatt und Nacken sind leicht erkennbar. Es ist kein Fettgewebe zu spüren. Hungergrube eingefallen. Der Atlas (1. Halswirbel) ist sichtbar, 3.-6. Wirbel fühlbar, 4.-5. sichtbar, kein Kammfett, Axthieb

2. Sehr dünn

Das Pferd ist abgemagert. Hat eine leichte Fettschicht über der Basis der Wirbelsäule. Rippen, Schweifansatz, Hüft- und Sitzbeinhöcker stehen hervor. Hungergrube eingefallen. Widerrist, Schultern und Nackenstruktur schwach erkennbar. 7,- 18. Rippe komplett sichtbar. Der Atlaswirbel und 4.-5. Halswirbel sind fühlbar, kein Kammfett, Axthieb.

3. Dünn

Fettansammlung etwa auf halber Höhe der Wirbelsäule, leichter Fettüberzug über den Rippen. Wirbelsäule und Rippen leicht erkennbar. Schweifansatz ausgeprägt, aber einzelne Wirbel visuell nicht erkennbar. Hüfthöcker erscheinen abgerundet, sind aber leicht erkennbar. Sitzbeinhöcker treten nicht hervor. Hungergrube eingefallen. Widerrist, Schultern und Nacken akzentuiert. 7.-18. Rippe sichtbar. 4.-5. Halswirbel sind mit leichtem Druck fühlbar, kein Kammfett, Axthieb. 

4. Mäßig Dünn

Leichter Kamm entlang des Rückens. schwache Umrisse der Rippen erkennbar; der Schweifansatz ist je nach Körperbau ausgeprägt, um ihn herum ist Fett zu spüren; die Hüfthöcker sind nicht erkennbar; Widerrist, Schultern und Hals sind nicht offensichtlich dünn. 11.-14. Rippe sichtbar, 9.-18. Rippe fühlbar. Halswirbel nur bei starkem Druck fühlbar, Kammfett bis 4 cm hoch, Axthieb undeutlich

5. Normal

Der Rücken ist flach (keine Falte/ Kamm). Das Fett um den Schweifzansatz beginnt sich schwammig anzufühlen. Der Widerrist scheint über der Wirbelsäule gerundet zu sein; Schultern und Hals gehen sanft in den Körper über. Rippen undeutlich sichtbar, 10.-18. Rippe fühlbar. Hüfthöcker leicht prominent, vordere Kante und Sitzbeinhöcker fühlbar. Kammfett 4 – 5,5 cm hoch

6. Mäßig Dick

Kann eine leichte Falte am Rücken aufweisen. Fett über den Rippen fleischig/schwammig. Fett um den Schweifzansatz  weich; Fett beginnt sich an den Seiten des Widerristes, hinter den Schultern und an der Seite des Halses abzulagern. Rippen nicht sichtbar, 14.-18. Rippe fühlbar. Hüfthöcker zu erahnen, Sitzbeinhöcker schwer fühlbar, Innenschenkel berühren sich. Kammfett 5,5-7 cm hoch

7. Dick

Kann eine Falte auf dem Rücken haben; einzelne Rippen können ertastet werden, aber nicht spürbar; Fett um den Schweifzansatz  weich; Fettablagerungen entlang des Widerristes, hinter den Schultern und entlang des Halses. Rippen nicht sichtbar, 15.-17. Rippe fühlbar. Hüfthöcker abgerundet, fühlbar, Innenschenkel berühren sich. Kammfett 7-8,5 cm hoch

8. Fett

Falte am Rücken, Rippen schwer zu fühlen; Fett um den Schweifansatz sehr weich; Bereich entlang des Widerristes mit Fett gefüllt; Bereich hinter den Schultern mit Fett gefüllt; deutliche Verdickung des Halses; Fettablagerungen entlang der Innenschenkel. Rippen kaum fühlbar. Hüfthöcker bei leichtem Druck fühlbar, Sitzbeinhöcker nicht mehr fühlbar, Innenschenkel berühren sich. Kammfett 8,5-10 cm hoch

9. Extrem Fett

Deutliche Falte am Rücken; fleckige Fetteinlagerungen. Rippen nicht fühlbar, durchgehendes Fettpolster. Hüfthöcker nicht mehr als Vorwölbung erkennbar. Kammfett > 10 cm hoch

Quelle: Kentucky Equine Research/ Kienzle, E., Schramme, S. C. (2004)


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